Interview mit Geographie-Studenten der Uni Augsburg

28. Mai 2015 | Wahlkreis

Rechnet man alle Fächerkombinationen zusammen, gibt es in Augsburg rund 2.000 Geographiestudenten. Das Fach ist dort stark vertreten und stellt natürgemäß bayernweit Untersuchungen an. Was macht ein Lehrstuhl für Humangeographie? Er erforscht, wie das Zusammenleben von Menschen an verschiedenen Orten funktioniert und wie es sich warum verändert. Dazu gehörte diesmal auch unsere Nürnberger Südstadt. Diversität und Integration standen im Mittelpunkt der Recherche der Studenten, ich habe dazu meine Erfahrungen aus vielen Jahren im Nürnberger Stadtrat geschildert.

Als am dichtesten bevölkertes Gebiet in Nürnberg ist in der Südstadt sehr viel los, und dies wird auch noch lange so bleiben. Ich bin froh, so einen dynamischen Stadtteil als Wahlkreisabgeordneter betreuen zu dürfen. Viele Fragen der Studenten zielten darauf ab, welche Verantwortung die Politik und auch meine Partei, die CSU, haben, um Integration in einem Viertel mit ca. 160 Nationalitäten gelingen zu lassen. Ich habe erklärt, dass die Hauptverantwortung der Bundespolitik erst einmal darin liegt, einer Kommune wie der Stadt Nürnberg überhaupt die rechtlichen und finanziellen Möglichkeiten zu geben, Integration gelingen zu lassen. Wir wollen nicht in die kommunalen Zuständigkeiten herein regieren, aber wir müssen einen vernünftigen Rahmen schaffen, damit Stadträte und Bürgermeister nicht überfordert werden. Diese Aufgabe nehme ich als Innenpolitiker sehr ernst und setze mich dafür in Berlin stets ein.

Ein grundsätzlicher Kommentar zum Zusammenleben der Südstadt: Integrationsprobleme gibt es, ganz klar. Nicht im Sinne von „Brennpunkt“, auch nicht im Sinne von „Parallelgesellschaft“, wenngleich Ansätze hiervon vorhanden sind. Aber der Austausch zwischen den Ethnien muss deutlich besser werden. Es ist völlig begrüßenswert, wenn interkulturelle Stadtteilfeste stattfinden. Zu diesen gehe ich gerne und komme mit den Menschen mit türkischem, jugoslawischem, oder polnischem Migrationshintergrund in Kontakt. Wir müssen aber schon irgendwann einmal dahin kommen, dass Angehörige einer Ethnie auch die Feste und Veranstaltungen der jeweils anderen Landsleute besuchen. Kroaten und Russen auf dem türkischen Fest und vice versa – bisher unüblich bis unvorstellbar. Diese Begegnungen sollten aber problemlos möglich sein, wenn wir schon von interkultureller Arbeit reden und dies kommunal fördern. Die Politik kann hierzu ermutigen, aber in der Praxis sind alle gefragt – Ehrenamtliche, Gewerbetreibende, Kulturschaffende. Nur unter sich bleiben, das funktioniert langfristig nicht. Wir müssen aufeinander zugehen, Probleme offen ansprechen und vor allem die klare Forderung an jeden Einzelnen stellen, sich für die Belange seiner Mitmenschen und der Gesellschaft vor Ort einzusetzen. Eine ganz praktische Empfehlung meinerseits an alle Betriebe und Unternehmen der Südstadt, die von Migranten geführt werden: Bildet mehr aus! Dies ist eine der besten integrationspolitischen Maßnahmen überhaupt. Immerhin auch eine alte Forderung der CSU, Integration durch Arbeit.

Ein nicht zu leugnender Fakt in der Südstadt ist, dass das Stadtbild, ortsansässige Gewerbetreibende und auch die Wohnbevölkerung dadurch beeinträchtigt sind, dass sich auf sehr kleiner Fläche sehr viele ähnliche „Läden“ verbreiten: Spielhallen, Schnellimbisse, Ein-Euro-Shops. Die Besorgnis über dies Entwicklung bekomme ich in Bürgergesprächen immer wieder zu spüren. Bitte nicht falsch verstehen: Ich erkenne das unternehmerische Engagement eines jeden Betreibers dieser Gewerbe an. Aber ob die Stadt Nürnberg in einem 500-Quadratmeter-Gebiet, in dem bereits fünf Spielhallen existieren, noch eine sechste genehmigen muss – das ist schon mehr als fraglich. Sicherlich ein plakatives Beispiel. Aber Stadtentwicklung hat viel damit zu tun, dass sich Gewerbe geordnet, gleichmäßig ausdehnt und im Übrigen auch, dass die Belange der Wohnbevölkerung mit in diese Rechnung einbezogen werden. Menschen, die in der Südstadt wohnen, legen auch viel Wert auf Grünflächen, Kulturangebote, Nahversorgung. Dies darf nicht einfach so verdrängt werden.

Wir beobachten in Nürnberg, dass ein Viertel wie beispielsweise Gostenhof, dass in früheren Zeiten auch aufgrund des hohen Ausländeranteils einen schlechten Ruf hatte, nun als „In-Viertel“ gilt: eine junge, dynamische Gegend, in der Mutli-Kulti oftmals mit einzigartigen Angeboten in der Musik- und Kneipenszene verknüpft wird. Seitdem sind die Mieten dort erheblich gestiegen. Auch die Südstadt hat aus meiner Sicht das Potenzial dazu, denn vieles ist momentan in Bewegung und das Engagement ehrenamtlicher Stadtteil-Initiativen kann viel bewirken. Ich würde mir aber wünschen, dass dies ausgewogen geschieht und ein kontinuierlicher Interessenausgleich stattfindet – und genau darin liegt die Rolle der Politik.

Mein Fazit: Das Leben in der Südstadt ist abwechslungsreich, spannend, auch problemgeladen, aber immer interessant! Die Südstadt hat ihre beste Phase noch vor sich.

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