Zwei Jahre ist es her, dass Russland am 24. Februar 2022 mit seinem brutalen Angriff auf die Ukraine den Krieg, der bereits 2014 mit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim und dem Krieg gegen die Ostukraine begann, zurück auf unseren Kontinent gebracht hat. Schon zehn Jahre kämpft das ukrainische Volk aufopferungsvoll für seine Freiheit, die Rückerlangung der territorialen Integrität seines Landes und die Bewahrung seiner politischen Souveränität – zentrale Säulen des Völkerrechts. Dabei kämpfen die Ukrainer auch für unsere Werte, die liberale, regelbasierte Ordnung und somit für die Sicherheit ganz Europas.

Trotz dieser Bedrohungslage ist Deutschland von einem strategischen Paradigmenwechsel weit entfernt. Die vom Bundeskanzler im Februar 2022 ausgerufene „Zeitenwende“ ist über das Stadium der Ankündigung nicht hinausgekommen. Die „Nationale Sicherheitsstrategie“ der Bundesregierung kratzt nur an der Oberfläche und zieht keine operativen Schlussfolgerungen für die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik. Die Bundesregierung verschleppt notwendige strukturelle Anpassungen wie die Einrichtung eines „Nationalen Sicherheitsrates“. Ein Konzept für die staatliche Gesamtverteidigung, das auch den Zivil- sowie Bevölkerungsschutz berücksichtigt, sowie eine Gesetzgebung für den besseren Schutz kritischer Infrastrukturen, werden in Ressortstreitigkeiten verschleppt. Der Verteidigungshaushalt erfüllt nur kurzzeitig und mit Rechentricks das 2-Prozent-Ziel der NATO.

Deutschland braucht jetzt eine echte Zeitenwende in der Außen- und Sicherheitspolitik, um Frieden, Freiheit und Wohlstand in Deutschland und Europa bewahren zu können. Allem voran muss die Ukraine das Maß an Unterstützung erhalten, welches sie für einen Sieg gegen Russland benötigt. Darüber hinaus muss eine neue „Nationale Sicherheitsstrategie“ unsere Interessen klar artikulieren und konkrete Maßnahmen zu deren Durchsetzung benennen.

Ein „Nationaler Sicherheitsrat“ kann die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit der Bundesregierung stärken. Unsere Nachrichtendienste müssen mit den Befugnissen ausgestattet werden, dass sie Bedrohungen rechtzeitig und selbstständig erkennen können. Verteidigung müssen wir gesamtstaatlich betrachten und Bevölkerungs- sowie Zivilschutz wieder einen hohen Stellenwert einräumen.

Im Bundeshaushalt müssen die Mittel so priorisiert werden, dass der Verteidigungshaushalt stufenweise anwachsen und Deutschland auch nach Ausschöpfung des Sondervermögens die NATO 2-Prozent-Zusage überzeugend und als Untergrenze einhalten kann. Die Bundeswehr muss so einsatzbereit sein, dass sie ihre Aufträge und eingegangen Verpflichtungen tatsächlich erfüllen kann. Dafür braucht es auch eine leistungsfähige Reserve. Die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie muss dauerhaft gestärkt und mit einer pragmatischen und europäisch abgestimmten Rüstungsexportpolitik unterstützt werden.

Die Zeit drängt. Die Bedrohungslage erfordert jetzt entschlossenes Handeln der Bundesregierung, national und in Europa. Noch zwei weitere Jahre Zeitenwende in Zeitlupe kann sich unsere Sicherheit nicht leisten. Deutschland muss verlässlich seinen sicherheitspolitischen Beitrag im europäischen und transatlantischen Bündnis leisten. In Europa muss Deutschland endlich gemeinsam mit Frankreich und Polen im Rahmen des „Weimarer Dreiecks“ Verantwortung übernehmen.

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