Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ist Antisemitismus an deutschen Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen sowie im Kunst- und Kulturbetrieb in erschreckender und alarmierender Weise zutage getreten. Jüdische Schüler, Lehrkräfte, Studenten und Wissenschaftler erfahren noch häufiger als zuvor Anfeindungen und Angriffe. Antisemitische Vorfälle im Kulturbetrieb bleiben in der eigenen „Szene“ zu oft unwidersprochen.

Ein trauriger Höhepunkt war in diesem Zusammenhang die Abschlussgala der Berlinale vor wenigen Wochen. Teile des Kulturbetriebes sind in keiner Weise an einer ernsthaften Auseinandersetzung mit den komplexen Ursachen des Nahost-Konflikts interessiert, sondern betreiben eine einseitige Täter-Opfer-Umkehr. Ein gut vernetztes und noch besser subventioniertes Milieu gefällt sich selbst in der Rolle des moralischen Mahners – mit Gratismut und berührt von der eigenen „Haltung“. Die einzige Demokratie im Nahen Osten wurde auf offener Bühne als „Apartheits-Staat“ diffamiert. Dagegen kein Wort zu den Verbrechen und der Gewaltherrschaft der Hamas, kein Wort zu den israelischen Geiseln und kein Wort zu den ausländischen Millionengeldern, die in die palästinensischen Terrortunnel geflossen sind.

Claudia Roth hat eine Aufarbeitung des Abends angekündigt. Es sei zu klären, wie künftig sichergestellt werden könne, dass die Berlinale ein Ort ist, der „frei von Hetze, Antisemitismus, Rassismus, Muslimfeindlichkeit und jeglicher Form von Menschenfeindlichkeit“ ist. Mit Blick auf den unverhohlenen Antisemitismus auf der Documenta, der letztendlich folgenlos blieb, sind meine Erwartungen an eine echte Aufarbeitung begrenzt. Es braucht aber endlich klare Signale von Seiten der Politik, die hier eine rote Linie ziehen muss: Antisemitismus hat nichts mit Kunstfreiheit zu tun und ist in Deutschland generell – zu jeder Zeit und an jedem Ort – inakzeptabel. Dies gilt damit selbstverständlich auch in Bildungseinrichtungen, an Hochschulen sowie im Kunst- und Kulturbereich. Es braucht eine breite gesellschaftliche und parteiübergreifende Reaktion auf die neuerlichen, unerträglichen Vorfälle von Antisemitismus.

Mit einer „Aktuellen Stunde“ im Bundestag auf Antrag unserer Fraktion haben wir die Bundesregierung diese Woche zum Handeln aufgefordert. Hochschulgesetze müssen angepasst werden, damit die Möglichkeit der Exmatrikulation insbesondere bei antisemitischen Gewalttaten besteht. Das staatlich vergebene Label der „Exzellenz“ in Wissenschaft und Forschung dürfen nur solche Einrichtungen erhalten, die konsequent gegen Antisemitismus vorgehen. Wir erwarten, dass künftig keine Bundesmittel an Kulturprojekte oder Einrichtungen fließen, die Antisemitismus eine Bühne bieten. Wenn Förderungen bereits erfolgt sind, müssen diese zurückgefordert werden. Wir brauchen eine einheitliche, verbindliche Verpflichtungserklärung gegen Antisemitismus für alle bundesgeförderten Kultureinrichtungen. Antisemitismus darf in Deutschland im Allgemeinen und in Bildungseinrichtungen, in Kunst und Kultur im Besonderen keinen Platz haben.

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